Praktische Hinweise
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1. Anschaffung der Pentacon six

Wenn jemand beabsichtigt, sich eine Pentacon six zuzulegen, sollte er sich in den Fotoläden genau umsehen. Da es nur gebrauchte Geräte gibt, ist es wichtig, im Fachgeschäft zu kaufen, damit man einen Garantieanspruch hat, wenn etwas nicht funktioniert.

Schwachstellen gibt es auch bei so einer solide gefertigten Mittelformatkamera, schon wenn man bedenkt, dass die ersten Modelle über 30 Jahre alt sind. Folgende Punkte sollten mindestens überprüft werden:
a) Bildschritt in der Kamera (es kommt manchmal zu Überdeckungen einiger Bilder)
b) Verschlussablauf bei allen Belichtungszeiten (siehe auch 8.)
c) Zustand des Verschlussvorhanges
d) Zustand des Objektivs (optische Flächen ohne Beschädigungen; Blendenlamellen
   dürfen keinesfalls verölt sein; alle Einstellringe müssen leichtgängig sein,
   Linsen dürfen nicht wackeln)
e) Bajonett verschlissen? (unter Umständen zu viel Spiel bei der Objektivbefestigung)
f) Funktion des TTL-Prismas (dazu weiter unten Näheres)

Die Pentacon six hat einige sinnvolle Verbesserungen gegenüber der Praktisix (automatische Nullstellung des Bildzählers, Sperre nach dem 12. Bild, Messwalze für den Filmtransport). Wer die Wahl, hat sollte die Pentacon six kaufen.

2. Objektive

Die Zeiss-Jena-Objektive sind von guter mechanischer und sehr guter optischer Qualität. Wenn man ein Objektiv kaufen möchte, kann der MC-Variante der Vorzug gegeben werden. Ältere Objektive des gleichen Typs sind meist nur einfach vergütet aber manchmal von besserer mechanischer Qualität.

drei Versionen des Biometar 2,8/80

Die Abbildung zeigt drei Versionen des Biometar 2,8/80. Links die neuere mit MC-Vergütung, in der Mitte mit einfacher SC-Vergütung und rechts eine alte Version zur Praktisix.

Das Primotar E 3,5/80 von Meyer-Optik Görlitz (ganz im Alu-Look) sowie das Jena Tessar 2,8/80 sind nicht zu empfehlen (gehörten ursprünglich zur Praktisix der ersten Jahre).

Die Objektive von Carl-Zeiss-Jena wurden auf die in der DDR üblichen ORWO-Filme (die früheren AGFA-Filmen entsprechen) optimiert. Das heißt, die leicht rosa Farbwiedergabe der Filme wird durch höhere Blauwiedergabe der Optik kompensiert. Deshalb kann es unter Umständen bei der Verwendung von etwas bläulicher abbildendem Filmmaterial (z.B. Kodak) zu einem etwas höheren Blauton auf den Fotos kommen. Dagegen weisen ansonsten eher rötlich abbildende Filme (AGFA) eine sehr neutrale und kräftige Farbe auf. Hierbei handelt es sich natürlich immer um subjektive Einschätzungen und man muss das richtige Filmmaterial selbst herausfinden. Filme, welche man bei einer modernen Kleinbildkamera bevorzugt, können bei der Six aber schon ungewohnte Ergebnisse bringen.

Teilweise werden noch fabrikneue oder neuwertige Zeiss-Jena-Objektive und neue Fremdobjektive der Kiev bzw. Exakta im Fotoversandhandel [www.brenner-fotoversand.de], [www.baierfoto.de] oder auf Fotobörsen angeboten.

Interessant ist, daß manchmal die automatische Druckblendenfunktion bei Kiev-Objektiven an der Pentacon six nicht korrekt funktioniert, während Pentacon-Objektive an der Kiev ohne jede Einschränkung arbeiten. Hier könnten geringe Schwankungen der Bajonettmaße der Kiev-Objektive eine Ursache sein.

3. TTL-Prismen

Da die Prismen im schlechtesten Falle über 30 Jahre alt sind, lässt die Zuverlässigkeit der Messwerte unter Umständen zu wünschen übrig. Wenn man nur einen Prismenaufsatz für die Pentacon six benötigt, kann man ebenso das “einfache“ Prisma kaufen. Allerdings sind beide Original-Prismen der Kamera relativ dunkel und zeigen nicht das gesamte Mattscheibenbild.

Eine echte Alternative stellt das Kiev-TTL-Prisma von der Baier-Fototechnik [www.baierfoto.de]  für die Pentacon six und die Exakta 66 dar. Dieses Prisma zeigt 100% des Sucherbildes und bietet besonders in Verbindung mit der Rollei-Bildfeldlinse (s. 4.) ein helles kontrastreiches Sucherbild. Die Belichtungsanzeige erfolgt über zwei LEDs am oberen Rand des Sichtfeldes.

Pentacon six mit Kiev-60-TTL-Prismenaufsatz
TTL-Prismenaufsätze zur Pentacon six

TTL-Prismenaufsätze zur Pentacon six:
links: Kiev-60-Prismenaufsatz,
rechts: Pentacon-TTL-Prismenaufsatz

Pentacon six mit Kiev-60-TTL-Prismenaufsatz

Nach der Verabschiedung der EU-Direktive 98/101/EC dürfen die umweltgefährdenden Quecksilberoxidbatterien für zahlreiche Belichtungsmesser und Kameras nicht mehr hergestellt werden. Leider gehören auch die Batterien V625PX bzw. PX13 für die Pentacon-TTL-Prismen dazu. Über kurz oder lang wird es an dieser Stelle einen Engpass geben. Es gibt zwar für einige der betroffenen Batterietypen passende Alkali-Mangan-Pendants, aber das Problem liegt tiefer. Die Belichtungsmesser auf CdS-Basis sind auf eine gleichmäßige Spannungsabgabe angewiesen, bei Alkaline-Zellen lässt die Spannung im Gegensatz zu Quecksilberoxid-Zellen aber kontinuierlich nach. Deshalb stimmt die Belichtungsmessung nicht mehr. Manche Hersteller können die Kameras umkalibrieren (Rollei) und andere liefern Adapter zur Spannungsanpassung für die Verwendung von Silberoxidbatterien (Gossen). Die eigentlich als Ersatz für die Quecksilberoxid-Zellen gedachten Zink-Luft-Elemente (z.B. MRB 625) haben für den Amateurfotografen einen entscheidenden Nachteil. Kurz vor dem Gebrauch werden diese Zellen durch Entfernen einer Schutzfolie aktiviert, nach der Aktivierung trocknet der Elektrolyt binnen weniger Wochen aus und die Batterie muss ersetzt werden.
Für Pentacon-six-Anwender bedeutet diese Tatsache aber keinen Abschied vom alten Prisma. Durch die verwendete Brückenschaltung kann die neue PX625-Alkaline mit 1,5 Volt bedenkenlos genutzt werden. Bei einer Neuanschaffung sollte man dann aber dem helleren Kiev-Prisma mit SR44-Silberoxid-Zellen den Vorzug geben. 

In jedem Falle sollten die Prismen (und auch der Handbelichtungsmesser) mit der Kamera kalibriert werden. Dazu ein Objekt mittleren Kontrastes und mittlerer Helligkeit anmessen und mit den ermittelten Werten eine Aufnahme (auf Diafilm!) machen. Anschließend mehrere Aufnahmen mit jeweils halbstufig verringerter Blende und mehrere Aufnahmen mit jeweils 1/2 Stufe größerer Blende durchführen und dabei alle eingestellten Werte genau notieren. Nach der Entwicklung die beste Aufnahme mit der Ersten vergleichen und danach zukünftig die Filmempfindlichkeitseinstellung am Prisma oder Belichtungsmesser nach oben oder unten korrigieren. (Beste Aufnahme bei 1/2 Stufe kleinerer Blende = zukünftig 1,5 DIN mehr einstellen; beim ASA-Wert bedeutet dies sinngemäß ASA/2 mehr einstellen z. B. 150 statt 100 ASA, 300 statt 200 ASA )   

4. Bildfeldlinsen

Für die six gibt es sieben verschiedene Original-Bildfeldinsen. Dabei muss beachtet werden, dass die Glaslinsen hinten flacher als vorn sind. Die Kunststofflinsen wie die Fresnellinse haben vorn und hinten die gleiche Höhe. Das heißt, wer eine Glaslinse durch eine Kunststofflinse ersetzen will, braucht unbedingt neue Haltewinkel und Sprengringe.

Bei der Fresnellinse ist durch die gleichmäßige Höhe an Vorder- und Rückseite nur der Bereich in der Mitte der Linse scharf. Auf das gesamte Sucherbild kann nicht scharfgestellt werden!

Es ist empfehlenswert, die Kamera in der Pentacon GmbH auf die Bildfeldlinse der Exakta 66/3 (Rollei 6008) umrüsten zu lassen (siehe Abb.).

Diese Einstellscheibe verfügt über einen Messkeil mit Mikrorasterring und ein Gitternetz und ist wesentlich brillanter als die Originallinsen.

Pentacon six mit Rollei-6008-Einstellscheibe

Pentacon six, umgerüstet auf Rollei-6008-Einstellscheibe mit Messkeil, Mikrorasterring und Gitternetz

5. Bildschrittfehler/ Funktion der Messwalze

Die Filmtransporteinrichtung der Pentacon six ist der kritischste Teil des Systems. Hier ist sorgfältiges Arbeiten angebracht.  Die Passage der Bedienungsanleitung über das Filmeinlegen muss genau beachtet werden, da es sonst leicht zu Bildschrittfehlern kommt. Unbedingt sollte der Schnellspannhebel nach jedem Schwenk mit dem Daumen zurückgeführt werden, dadurch kann die Gefahr von Fehlern beim Filmtransport bereits verringert werden.

Die Filmmesswalze der Kamera steuert, dass der Film nach der Aufnahme nicht zu weit vorgespult wird, wenn aus irgendwelchen Gründen zuwenig Film je Bild transportiert wird, kann dies auch durch die Messwalze nicht beeinflusst werden und es kommt zu Überlappungen.

Wenn bei einer Kamera häufiger Überlappungen der Bilder auf dem Film auftreten, kann die Kamera auch mit einer Filmtransport-Kontrolle ausgerüstet werden: Baier-Fototechnik [www.baierfoto.de].

 6. Verwacklungen durch die Spiegelbewegung

Beim Auslösen kann es bei den Belichtungszeiten von 1/15s bis 1/30s zu Vibrationen des Gehäuses durch das Hochklappen des Spiegels kommen. Selbst die Benutzung eines leichten Stativs schafft keine Abhilfe. Das Problem kann aber durch die Benutzung eines schweren Stativs oder kürzere Belichtungszeiten vermindert werden werden. Eine Lösung wäre der Einbau einer (allerdings etwas kompliziert zu bedienenden) Spiegelvorauslösung bei Pentacon in Dresden oder der Baier-Version, mit einigen Vorteilen gegenüber der Pentacon-Variante.

7. Verwendung von Filtern, Gegenlichtblenden und daraus resultierende Vignettierungen

Das 80mm-Biometar hat einen Filterdurchmesser von 58mm und kann generell mit allen Filtern bestückt werden. Kritischer ist die Sache beim 50mm-Flektogon, ein Filtergewinde von 86mm ist hier Standard. Die M86-Filter können aber zu Vignettierungen führen (vor allem Polfilter mit starker Fassung), deshalb sollte der serienmäßige Adapterring M86/M95 verwendet werden, um mit einem 95mm-Filter Vignettierungen auszuschließen, besser ist aber der Einsatz der M86-W Filter (siehe unten) statt des Adapterringes. Die zugehörige Gegenlichtblende ist mit einem 95mm-Gewinde ausgestattet und kann nur über den o. g. Adapter oder einen M86-W-Filter angeschlossen werden, trotz dieses sinnvollen Ansatzes kommt es aber manchmal zu Vignettierungen durch die Form der Flektogon-Gegenlichtblende. Beim 180mm-Sonnar wurde das System (86mm-Einschraubgewinde + Adapter M86/M95 + 95mm- Gegenlichtblende) beibehalten, obwohl es in keinem Fall mit einem 86er Filter zu Vignettierungen kommen kann. Dadurch wird aber die Verwendung derselben Filter wie beim Flektogon ermöglicht. Eine kostengünstige Variante, obwohl man bei diesen sehr großen Durchmessern eigentlich nicht mehr von kostengünstig sprechen kann. Ein linearer Polfilter von B+W (M86) kostet z. B. bereits mehr als das Flektogon 4,0/50 auf dem Gebrauchtmarkt.   

In der DDR wurden Filter für die Pentacon-six-Objektive (50mm und 180mm) in einer speziellen “überbauten” M86-W-Variante angeboten (siehe Abb.). Die Filter hatten ein M86-Gewinde, der Filter war aber außen mit einem M95-Gewinde bestückt und dadurch sollte der oben genannte Adapterring der Gegenlichtblende durch den M86-W Filter ersetzt werden können, ohne mit Vignettierungen rechnen zu müssen. Leider kommt es beim 50mm-Flektogon manchmal dennoch zu Vignettierungen durch die Gegenlichtblende.

lektogon 4/50mm und Gegenlichtblende, Adapterring M86/M95, M86-W-Filter Adapterring M86/M95 und M86-W-Filter

Flektogon 4/50mm und Gegenlichtblende, Adapterring M86/M95, M86-W-Filter

Adapterring M86/M95 und M86-W-Filter

8. Verschlusszeitentest

In dem Buch “Pentaconsix Praxis” von W. G. Heyde ist ein einfacher Test der Belichtungszeiten der Kamera beschrieben:

“Sollten Sie einmal Zweifel haben, ob die Verschlußzeiten an ihrer Kamera noch stimmen, dann machen Sie den folgenden Versuch. Testobjekt: eine Plakatwand oder eine große Landkarte, Beleuchtung: gleichmäßig bedeckter Himmel; Belichtung vom Stativ aus: die gängigen Zeiten und Blendenwerte der Reihe noch durchnehmen mit gemessener Belichtung. Ein Beispiel: 20DIN-Film, 1/250 s, Blendenwert 8  dann also 1/1000 s bei 4; 1/500 s bei 5,6; 1/250 s bei 8; 1/125 s bei 11 ; 1/60 s bei 16 und 1/30 s bei 22 belichten. An den Negativen des normal entwickelten Films, die durchweg gleiche Deckung haben müßten, erkennt man gut etwaige Abweichungen: Ein dichteres Negativ besagt, daß die Belichtungszeit im Verhältnis zu den anderen zu lang ist und umgekehrt.”

Anmerkung: Der beschriebene Test wird exakter bei der Verwendung von Umkehrfilm, außerdem lässt sich ein Dia besser beurteilen als ein Negativ.

9. Streulicht durch das Objektiv

Vor einiger Zeit hatte ich ab und zu starke Überstrahlungen auf manchen Bildern. Auf den ersten Blick scheint es Lichteinfall zu sein. Ich habe die Kamera in geladenem Zustand in unterschiedlichen Stellungen direkt unter einer hellen Neonröhre plaziert und dann den Film entwickeln lassen, ohne Ergebnis. Mit diesem Problem habe ich in Dresden schon alle Werkstätten "verücktgemacht". Nur durch einen Zufall bin ich hinter die wirkliche Ursache gekommen. Es muss an den Objektiven liegen. Bei mir waren es das Flektogon und auch das Biometar mit MC-Vergütung! Es handelt sich in jedem Fall um Steulicht, das mit ins Bild kommt. Mir war das erst klar, als ich an einem Tag, als die Sonne Mühe hatte, den leichten Hochnebel am Himmel zu durchdringen, verschiedene Fotos mit der six und der Canon EOS machte. Bei der six gab es an zahlreichen Bildern im oberen Bereich starke Überstrahlungen, besonders dann, wenn Himmelslicht zwischen Bäumen durchkam bzw. wenn Teile des Himmels mit im Bild waren. Bei Aufnahmen bei denen die Kamera zum Boden gerichtet war, trat dieses Problem überhaupt nicht auf. Bei der EOS hatte ich so etwas bisher nie erlebt, aber an diesem Tag waren die Bilder ebenfalls zum Teil überstrahlt, allerdings geringer als bei der six. Das heißt die Objektive der Pentacon reagieren ohne Sonnenblende wahrscheinlich extrem empfindlich auf diffuses Streulicht. Das bemerkt man erst, wenn es einmal eine deutlich weniger empfindliche Kleinbildkamera mit erwischt.

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     Stand / Revision: 14.12.2007

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