Das Altissa-Camera-Werk
1926 übernahm Emil Hofert eine bestehende fotografische Manufaktur in Dresden. Er begann mit der Produktion einfacher Eho-Box-Kameras. Ab 1931 lautet die Firmierung “Eho” Kamera-Fabrik GmbH. Schon 1932 gehörte eine Eho-Stereo-Boxkamera zum Produktprofil. Im Jahr 1935 wurde der damalige Geschäftsführer Berthold Altmann zum Firmeninhaber und mit der Altissa-Box wird erstmals eine neue Generation von formschönen 6x6-Boxen gefertigt. Altmann erwirbt im Mai 1936 ein neues Betriebsgelände in der Lortzingstraße 38, das mit inzwischen 60 Mitarbeitern bezogen wird. Neben den Boxen wurde hier ab 1937 die zweiäugige Spiegelreflexkamera Altiflex, später die verbesserte Altiflex II hergestellt. Die Altix I entstand 1939. Dabei handelte es sich um eine Kleinbild-Sucherkamera für das Aufnahmeformat 24x24 mm mit einem fest eingebauten Objektiv Laack Pololyt 3,5/3,5 cm.
Der seit 1940 bestehende Name Amca-Camera-Werk Berthold Altmann wurde 1941 in Altissa-Camera-Werk Berthold Altmann geändert.
Am Ende des zweiten Weltkrieges wurden die Produktionsräume vollständig zerstört. Zunächst gründeten Berthold Altmann und Fritz v. Dosky im Mai 1946 aber ein zweites Unternehmen, die ALDO-Feingeräte-Bau GmbH (ALDO = Altmann & Dosky). Zum Fertigungsprogramm gehörten ALDO-Mikroskope und ALDO-Mikroskopkameras. Hier entstand 1949 in Kooperation mit Altissa auch die unten näher beschriebene ALDONAR Kolibri, manchmal auch Spiegel-Altix genannt.
Der Wiederaufbau des Altissa-Camera-Werkes begann 1947 am neuem Standort Blasewitzer Str. 17. Zunächst wurden die Vorkriegsmodelle der Altix I und der Altissa-Box montiert – anfangs hauptsächlich aus noch vor dem Krieg hergestellten Teilen. Die Altix I wurde bald überarbeitet und in den 1950er Jahren kam eine Altissa-Box mit überarbeiteter Form ins Fertigungsprogramm. Bisher war kaum bekannt, dass nicht nur ALDO Mikroskope produzierte, sondern dass einfache Mikroskope wie z.B. Schülermikroskope in dieser Zeit auch zum Altissa-Programm gehörten. Die Fertigung der zweiäugigen Altiflex konnte nach dem Ende des Krieges wegen der vollständigen Zerstörung der benötigten Werkzeuge während der Bombenangriffe im Februar 1945 nicht wieder aufgenommen werden, aber möglicherweise wurden aus vorhandenen Teilen noch Altiflex montiert. Die Altix II (etwa 1948) war eine modifizierte Altix I (in sehr geringen Stückzahlen) mit dem Compur-Rapid-Verschluss der früheren Altiflex II. Häufig werden fälschlicherweise die frühen Altix-III-Modelle mit M22,5-Objektivanschluss für die Altix II gehalten. Zwischen 1949 und 1951 erfolgte zusätzlich die Fertigung der 6x6-Tubuskamera Altuca, die mit Automat-Verschluss (1/25 s; 1/50 1/100 und B) und einem E. Ludwig Meritar 3,5/75 ausgestattet war. Die Altix III mit neuem Gehäuse wird ab 1949 zunächst mit M22,5-Objektivanschluss und Laack Tegonar 3,5/3,5 cm bzw. ROW Tegonar 3,5/35 mm, später mit fest eingebautem Novonar 3,5/35 mm oder Tessar 3,5/37,5 mm gebaut. Der Umstieg auf das heutige Kleinbildformat 24x36 mm erfolgte mit der Altix IIIA (1950), die Kamera besaß einen M29,5-Objektivanschluss und ein Ludwig Meritar 2,9/50 oder seltener ein Meyer Primotar 2,7/50. Von der Altix IV (1952) existieren mehrere Modelle mit unterschiedlichen fest eingebauten Objektiven, wie Zeiss Tessar 3,5/50; Zeiss Tessar 2,8/50 oder Meyer Trioplan 2,9/50. Erstmals ist serienmäßig ein Zubehörschuh vorhanden. Es gibt auch Exportkameras mit der Bezeichnung Classic 35. Ab 1954 wurde ein Steck- bzw. Schraub- oder Klemmbajonett (funktionell ähnlich den Anschlüssen der Praktina, Pentina und Praktisix/Pentacon six, aber alle anders dimensioniert; Auflagemaß Altix = 42,5 mm) für die Wechselobjektive der Altix V verwendet (Tessar 2,8/50; Meyer Trioplan 2,9/50; Meyer Lydith 3,5/30; Meyer Primagon 4,5/35; Meyer Telefogar 3,5/90; zu Beginn auch Ludwig Meritar 2,9/50). Später nutzte auch die Schmalfilmkamera Pentaflex 8 dasselbe Bajonett. Die Altix V war mit Selbstauslöser ausgestattet und in geringen Stückzahlen wurden auch ab 1957 farbig belederte Kameras hergestellt. Ein neu konstruiertes Gehäuse mit Schnellspannhebel erhielt die Altix-n (1958) und einen zusätzlichen Belichtungsmesser konnte die Altix-nb (1958) aufweisen. Die Altix IV und V wurden bis Anfang 1959 gebaut, die Altix n und nb bis 1960 oder Anfang 1961. Eine bereits fortgeschrittene Konstruktion für die Altix mit gekuppeltem Entfernungsmesser wurde nicht mehr umgesetzt, eine Versuchskamera existiert noch in einer privaten Sammlung. Viele frühe Serienkameras weisen bereits Merkmale für die Vorbereitung des Entfernungsmessereinbaus auf (Abb. s.u.).
Die Altix IV wurde nach der Produktionseinstellung in Dresden nach 1960 im ehemaligen Jugoslawien weiter gebaut, die Firma ZRAK Sarajevo fertigte eine nahezu identische Lizenzkamera mit Dresdner Verschlüssen und Görlitzer Meyer-Objektiven. Im gleichen Zeitraum wurde noch ein Altix-Ableger in Rumänien gefertigt. Die IOR Orizont der Bukarester Optikfirma IOR geht zumindest in der Gehäusekonstruktion auf die Altix IV zurück.
Nachdem Berthold Altmann 1951 in die Bundesrepublik flüchtete, wurde ihm wegen angeblichen Diebstahls mehrerer hundert Altissa-Kameras, in der DDR auf Grund Verbrechens nach der Wirtschaftsstrafverordnung der Prozess gemacht und er wurde in Abwesenheit zu Zuchthaus und Vermögeneinzug verurteilt. Daraufhin erfolgte 1952 die Verstaatlichung des Altissa-Camera-Werkes. Es wurde zunächst unter Verwaltung der VVB Optik Jena gestellt. Ab 1953 existierte wieder ein eigenständiger VEB Altissa-Camera-Werk. 1959 ging der Betrieb mit weiteren Firmen in den Zusammenschluss zum VEB Kamera- und Kinowerke Dresden ein. 1961 wurden die Gebäude der ehemaligen Altissa komplett aufgegeben. Das Abwesenheits-Urteil gegen Berthold Altmann wurde erst 1992, 17 Jahre nach seinem Tod, wieder aufgehoben.
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